Brahms gewidmet | Projektbericht

Hermann Goetz: Klavierquartett e-Moll op. 6 – Rezensionen

Neue Zürcher Zeitung (zit. n. Roner 1906, S. 98ff.), zur UA 1869:
»Wie das so üblich, ergreift Goetz von seinem neuen Wohnort auch künstlerisch mit einem »eigenen« Konzert Besitz, das sehr schlecht besucht war. Er brachte den Zürichern sein Klavierquartett in F dur [muss E-Dur sein], von welchem die N. Z. Z. sagt, es gehe in ihm neben Beethovenschem Schwung Mendelssohnsche Anmut her, beides sei in höchst origineller Weise verarbeitet. Das Pedal des Flügels hatte die Tücke, gleich beim ersten Satz des Quartetts »dem kräftigen Tritt des Meisters zu erliegen«; Goetz spielte infolgedessen das ganze Programm auf dem »bedenklich« verstimmten Flügel des Gemischten Chores. Trotzdem heißt es: sein Spiel zeichnet sich durch Eleganz und Feuer aus.«
SmW 29/10 (20. Februar 1871), S. 151: zum Konzert 31. Januar 1871 in Zürich:
»Auch das am 31. Jan. von Herrn Herm. Götz, Musikdirector und Organist in Winterthur, gegebene Concert dürfen wir nicht mit Stillschweigen übergehen. Derselbe hat sich als Pianist wie als Componist rühmlichst hervorgethan: namentlich machen wir auf sein Pianoforte=Quartett in Edur auch weitere Kreise aufmerksam.«
MWb 2/10 (3. März 1871), S. 155: zum Konzert 31. Januar 1871 in Zürich:
»Herr Hermann Götz, Organist in Winterthur, seit einiger Zeit jedoch in Zürich wohnend, veranstaltete am 31. Januar ebenfalls ein eigenes Concert, in welchem er sich als Clavierspieler und Componist producirte. Wenn uns der Concertgeber durch den Vortrag zweier Chopin’scher Compositionen (Nocturne in Des dur und Ballade in As dur), sowie eigener, reizender Clavierstücke (»Lose Blätter« – bei Breitkopf & Härtel erschienen) abermals zeigte, dass wir in ihm einen bedeutenden Clavierspieler besitzen, wenn uns ferner Herr Götz schon von früheren Jahren her durch Aufführung eines Trios, eines Clavierconcertes und einer Symphonie als talentvoller Componist bekannt ist, so trat er uns heute in letztgenannter Eigenschaft als gereifter Meister entgegen. Herr Götz führte uns ein neues Clavierquartett eigener Composition vor, welches wir unbedenklich für das Beste halten, was seit dem Brahmsschen Quintett auf dem Gebiet der Kammermusik erschienen ist. Großer Gedankenreichtum, logische Entwicklung, künstlerisch durchdachte Assimilation, weises Verwenden aller Mittel zur Gestaltung eines harmonischen Ganzen, –– das sind in Kürze die Haupteigenschaften des prächtigen Werkes, dessen einzelne Schönheiten zu besprechen uns hier der Raum nicht gestattet.«
MWb 4/9 (28. Februar 1873), S. 138: zum Konzert 10. Dezember 1872 in Zürich:
»Die 3. Soirée für Kammermusik brachte uns folgende Stücke zu Gehör: Trio in Cdur von Mozart, Streichquartett in Emoll Op. 59 von Beethoven und Clavierquartett in Edur von H. Götz; letzteres ein sehr schwungvolles Werk von durchaus gediegener Haltung und zweifelsohne dem Besten beizuzählen, was die neuere Zeit auf diesem Gebiete zu Tage gefördert hat.«
Wiener Sonn- und Montagszeitung 13/20 (28. Februar 1875), o. S. [S. 4]: zum Konzert 1875 in Wien:
»Am interessantesten war uns die Vorführung eines Quartettes für Clavier und drei Streichinstrumente von Hermann Goetz, dem Componisten der »bezähmten Widerspänstigen«. Leider sah sich jede freundliche Erwartung enttäuscht. Der erste Satz ist zwar nicht vielsagend, aber noch immer der beste des ganzen Werkes, dessen übrige Sätze eine geradezu niederschlagende Wirkung ausüben. Freilich trägt das Quartett die Opuszahl 6, allein wenn Götz (was wir nicht wissen) späterhin im Fache der Kammermusik Besseres geleistet haben sollte, so hätte es die schuldige Rücksicht auf ein strebendes Talent jedenfalls gefordert, die hiesigen Musikfreunde nicht gerade mit seinem Schlechtesten zuerst bekannt zu machen. Thatsache ist, daß weder das Quartett einen Rückschluß auf die genannte Oper, noch die Oper einen Rückschluß auf das Quartett gestattet, das wir gerne vergessen möchten.«
NZfM 74/8 (15. Februar 1878), S. 83: zum Konzert 6. November 1877 in Hamburg:

»Unsere Hamburger Tonkünstler waren auch schon sehr fleißig in Veranstaltung von Kammermusikabenden. Julius Levin, ein guter Clavierspieler, gab zwei Soiréen unter Mitwirkung der HH. Bargheer, Lee, Schloming, Vietzen und Gova. Levin stattete seine Abende aus mit dem robusten und derben, aber doch interessanten Claviertrio von Eduard Naprawnik, dem nobel gedachten und gearbeiteten Clavierquartett von Götz, Schubert’s Bdurtrio, einem Esdurtrio von Haydn, Beethoven’s Sonate Op. 111 uns [sic] Weber’s Asdursonate.«

MWb 9/15 (5. April 1878), S. 189: wohl zum Konzert 6. November 1877 in Hamburg:
»Sonst gab es bei Hrn. Levi noch das ein wenig zahme Clavierquartett von Götz und Werke von Beethoven, Bach und Weber.«
The Cambridge review 1 (5. November 1879), S. 64: zum Konzert Ende 1879 in Cambridge [?]:
»The concert of last night was no exception. Beethoven’s Violoncello Sonata in A (Op. 69) we have not before heard in Cambridge, and two more modern composers whose place in the roll is just now a matter of much interest and discussion were represented: Hermann Goetz by his Piano Quartett in E (op. 6) and Edward Grieg by the Violin Sonata in F (Op. 8). Goetz was born at Königsberg, in 1840, and died three years ago. Not having begun to compose early, and being more finished than rapid as a writer, he has left behind more of promise than of performance. But his oper, »The Taming of the Shrew«, is already popular throughout Germany; and the Quartett performed last night is undoubtedly a fine work. Its brilliancy is, perhaps, its most remarkable feature; and this reaches a climax in the first subject of the Scherzo; which – it should be noticed as one of many originalities – is brought in at the opening of the Coda, to the preceding Adagio, itself a sombre air with variations. Very striking also is a certain peculiar restlessness in the syncopated subject of the opening […]«
The Athenaeum 2729 (14. Februar 1880), S. 226: zum Konzert 7. Februar 1880 in London:
»The Popular Concert of Saturday last had a programme of exceptional interest. It commenced with Goetz’s Pianoforte Quartet in E, Op. 6, the only one of his concerted works for chamber yet remaining to be heard at these concerts. In point of musical beauty this quartet is far superior to the Trio in G minor, and at least equal to the Quintet in C minor. The bright and rhythmical subject with which it opens seems to indicate a first movement of extraordinary freshness and spontaneity, and this promise is fully carried out. The construction is as clear and the melody as pure as in any work of Mendelssohn. The plaintive and original air with variations, which stands in place of a slow movement, is equally charming. Especially noteworthy is the pianissimo foreshadowing of the scherzo just before the close. Musicians will recollect a similar device in Beethoven’s Piano Concerto in E flat. The scherzo itself is less interesting, but the finale is in every respect worthy to compare with the first movement. Throughout the quartet there is a delightful sense of freedom, the effects being as unstudied as they are charming.«
The Musical Standard (1880), S. 100: zum Konzert 7. Februar 1880 in London:
»The concert on Saturday last included a quartet for pianoforte and strings by the late Hermann Goetz (Op. 6), Beethoven’s A flat Sonata for pianoforte alone (Op. 110), Kiel’s »Deutsche Reigen« or German dances, for pianoforte and violin, and songs by Miss Lillian Bailey. […] In the latter Goetz has, by an ingenious device, anticipated the theme of the scherzo, thus establishing that inter-connection of movements, which modern composers have been taught to value by Beethoven’s example. The quartett was faultlessly rendered by Mr. Charles Hallé, Madame Norman-Néruda, Mr. Zerbini, and Signor Piatti.«
NZfM 56/47(20. November 1889), S. 539: zum Konzert 12. November 1889 in Leipzig:
»Das erste Concert des Liszt=Vereins am 12. d. M. im alten Gewandhaussaal war ein schöner Beweis für die Bestrebungen und Leistungen desselben. Schon deshalb bemerkenswerth, weil es zeigte, wie die treffliche und zielbewusste Leitung neben den bewährten älteren Werken auch als bahnbrechender Pionier für neuere Kammermusik und neue Talente eintritt. […] Hermann Götz Quartett für Clavier und Streichinstrumente (Op. 6, Edur) läßt es tief beklagen, daß dieser wahrhaft edle und liebenswürdige, hochbegabte Tondichter allzufrüh in seiner Schaffensblüthe dahingerafft wurde! Auch er mag Robert Schumann als eine ihm in mancher Beziehung congeniale Natur in sein Herz geschlossen haben, aber daneben zeigt sich auch deutlich in den feinen melodischen Wendungen die Götz’sche Eigenart der »Bezähmten Widerspenstigen«. Am Anfang des zweiten Satzes (in Variationenform) scheint’s, als ob das schwarze Seidenbanner düsterer Schwermuth und Entsagung weht, aber bald schwingt der Componist wieder ein rosenroth Panier voll Lebenslust und Bejahung des Lebenswillens. Welch‘ eine Seele von Mensch er war, das wird so recht ersichtlich aus seinem Briefwechsel mit dem verstorbenen Herbeck, auf den ich seiner Zeit in diesem Blatte hingewiesen. Neben den bereits genannten Künstlern boten die Herren Unkenstein (Bratsche) und Schröder (Violoncello) Vortreffliches. Hoffentlich hört man nun das Götz’sche Quartett hier und anderer Orten öfters: es ist ein hoch anzurechnendes künstlerisches Verdienst des Liszt=Vereins, dem ausgezeichneten Werk den Weg zur Oeffentlichkeit gebahnt zu haben, und ein Genuß für den Hörer!«
MWb 20/48 (21. November 1889), S. 576f.: zum Konzert 12. November 1889 in Leipzig:
»Der Liszt-Verein bot seinen Mitgliedern am 12. Nov. sein erstes Abonnementconcert. Die Hauptwerke desselben waren die von uns bereits bei früherer Begegnung als ein vorzügliches Stück ihrer Gattung bezeichnete Adur-Clavier-Violinsonate von Fauré und das Edur-Clavierquartett von H. Goetz. Die letztere Composition ist reich an schöner und sinniger, vielfach allerdings an die reizvolle Oper des frühverstorbenen Künstlers anklingende Musik und findet nach unserer Empfindung ihren Höhepunct in dem 2. (Variationen-)Satz mit seinen abwechselungsvollen Gebilden, während den übrigen Sätzen eine etwas knappere Form zu noch grösserer Wirkung verhelfen würde. Ausgeführt wurden beide Werke in ausgezeichneter Weise durch die HH. Rehberg, Sitt, Unkenstein und Schröder, die sämmtlich mit pietätvoller Hingabe bei der Sache waren und allen Novitäten das günstigste Licht gaben.«
NZfM 57/20 (14. Mai 1890), S. 232: zum Konzert 15. März 1890 in Zwickau:
»Zwickau. Am 4. und letzten (der ganzen Reihe 92.) Kammermusikabend am 15. März verabschiedeten sich die Herren Petri, von Dameck, Unkenstein und Schröder mit dem mustergiltigen, hinreißenden Vortrag des, wie ein hiesiger Kunstkritiker schrieb, »intelligent gearbeiteten« Gdur=Streichquartett »des großen Tenoristen« Haydn und Mozart’s Esdur=Quartett mit seinem dissonanzenschönen Andante. In der Mitte stand Pianofortequartett in Cdur Op. 6 von Hermann Götz. So interessant diese Nummer an und für sich ist, so müssen wir doch gestehen, daß wir eine volle Befriedigung von derselben nicht haben mit wegnehmen können. Das Werk enthält, wie Alles aus der Feder dieses mit warmem Herzen schaffenden Componisten, viele Schönheiten, die von dessen hoher poetischer Veranlagung zeugen, aber fast ebenso viele Schwächen, welche erstgenannte Vorzüge ganz aufzuwiegen nicht im Stande sind. Der Betitelung »Rasch und feurig« entsprechend hegt man ganz andere Erwartungen vom ersten Satze, der unserem Empfinden nach der schönste des Werkes zu sein scheint. Vor allem macht sich hier sowohl wie in den anderen Sätzen und namentlich in den Variationen der Mangel an kräftigen Contrasten im hohen Grade bemerkbar. Bisweilen verliert die Fassung an Klarheit, da die Vertheilung der Instrumente nicht immer durchsichtig und akustisch günstig ist. Kurz, das Werk versetzt den Hörer in eine gewitterschwüle Stimmung, in der man sich nach einem erfrischenden Aufathmen, wie es etwa im Scherzo vorübergehend der Fall ist, sehnt, ohne desselben theilhaftig zu werden. Trotz alledem müssen wir natürlich den ausübenden Künstlern dankbar sein, uns mit diesem poesiedurchdrungenen Werke in so trefflicher Ausführung bekannt gemacht zu haben. [Edmund Rochlich.]«
MWb 21/22 (22. Mai 1890), S. 273: zum Konzert 15. März 1890 in Zwickau:
»Am 4. Abend traten die HH. von Dameck und Unkenstein aus Leipzig hinzu; man spielte die liebenswürdigen Streichquartette in Gdur von Haydn und in Esdur von Mozart, Beide in gleich ausgezeichneter Ausführung, während diejenige des interessanten Edur-Clavierquartetts von H. Goetz, für dessen Wahl wir Hrn. Petri noch besonderen Dank aussprechen möchten, die rechte ausgereifte Klarheit vermissen liess, da Hr. Türke den Clavierpart technisch, wie bezüglich der Auffassung zu wenig beherrschte.«
The Athenaeum 3322 (27. Juni 1891), S. 839: zum Konzert 18. Juni 1891 in London:
»On the evening of the same day Miss Agnes Zimmermann gave a chamber concert in the Princes‘ Hall. The programme included Brahms’s Trio in B, Op. 8, in its revised form; Grieg’s Sonata in E minor, Op. 7; and Goetz’s Pianoforte Quartet in E, Op. 6. The last-named work is one of the lamented composer’s most inspired efforts, the themes being original and frequently beautiful, and the working out as clear and vigorous as in any work of Mendelssohn’s. Miss Zimmermann was assisted by Herr Strauss, Messrs. Gibson and Whitehouse, and Miss Marguerite Hall.«
Musical Times 33/587 (1. Januar 1892), S. 24: zum Konzert 15. Dezember 1891 in London:
»At the second Concert, on the 15th ult., the principal works in the programme were Goetz’s Pianoforte Quartet in E (Op. 6) and Raff’s Pianoforte Trio in G (Op. 112), both of which were welcome, as they have not become hackneyed by too frequent performance. The first-named work by a composer whose premature death was a severe loss to music, is especially fresh and charming. Mr. W. H. Squire was the violoncellist on this occasion and Mr. Herbert Thorndike was the vocalist.«
MWb 26/51 (12. Dezember 1895), S. 653: zum Konzert v. d. 1. Dezember 1895 in Hamburg:
»Bei Zajic-Schloming-Löwenberg-Gowa hörte man ausser den Streichquartetten in Gdur (Op. 18) von Beethoven und in Esdur (Op. 44) von Mendelssohn Goetz’ liebenswürdiges Clavierquartett Op. 6 unter Mitwirkung der musikalisch befähigten Pianistin Clara Herrmann.«
Adolf Steiner: Hermann Goetz (= XCV. Neujahrsblatt der Allgemeinen Musik-Gesellschaft in Zürich auf das Jahr 1907), Zürich u. Leipzig [1907], S. 16:
»Zu gleicher Zeit mit dem Klavierkonzert entstand das Johannes Brahms gewidmete Klavierquartett in E-dur. Angeregt war es offenbar durch die beiden Klavierquartette op. 25 und 26 von Brahms, der damit eine seit Mozart vernachlässigte und erst durch Schumann erneuerte Kunstform wieder aufgegriffen und mit seinem Geiste erfüllt hatte. Das Goetz’sche Quartett ist aber durchaus selbständig und zeugt von grosser künstlerischer Reife und Besonnenheit. Hinter der markigen Tonsprache dieses Werkes würde niemand die innere Zerissenheit suchen, in der sich der Komponist damals befand, aber darin liegt ja die Segnung der Kunst, dass sie den von ihr Begnadeten über sich und seine eigenen Bedrängnisse hinaushebt. Die letzteren bestanden in schweren Kämpfen, die der Künstler mit seinem Herzen und seinem Charakter auszufechten hatte. Er hatte sich heimlich verlobt mit der um vier Jahre jüngeren Fräulein Laura Wirth aus Winterthur, die er im Sonntagskränzchen kennen und lieben gelernt hatte.«
Eduard Kreuzhage: Hermann Goetz, in: Kunstwart und Kulturwart 34/12 (September 1921), S. 350.
»Schon bei der vierhändigen Klaviersonate op. 17 fällt auf, wie Goetz‘ Talent bei größeren Formen wächst, und so tritt uns seine Bedeutung noch mehr auf dem Gebiete der Kammermusik entgegen. Hier offenbart er die Fähigkeit zur Erfindung charakteristischer Themen, die für großzügige Durcharbeitungen Spielraum lassen, ausgesprochenen Sinn für Polyphonie und Kontrapunktik, bedeutende formale Gestaltungskraft. Auch seine musikalische Eigenart springt hier mehr in die Augen, wenngleich er sich teilweise unverkennbar an Schumann und Brahms und auch an Schubert anlehnt. Schon das Frühwerk dieser Art, das Klaviertrio op. 1 in G=moll (Leipzig, Breitkopf & Härtel) ist in der Beziehung eine Überraschung, und in dem vier Jahre später geschriebenen Klavierquartett in E=Dur, op. 6 (Breitkopf &Härtel) tritt uns ein wirkliches Meisterwerk entgegen, ausgezeichnet durch seinen Melodienreichtum, seine Erfindungskraft und reflexionslose Frische, durch seine vortreffliche Satztechnik und den Wohlklang, der sich daraus ergibt. Dabei bietet es auch für gute Dilettanten keine unüberwindlichen Schwierigkeiten, so daß man ihm gern einen Platz in unserer besten Hausmusik einräumen möchte. Dem Schumannschen Klavierquartett und den beiden etwas früher entstandenen Brahmsschen Klavierquartetten in G=moll und A=Dur, deren Einfluß wohl zu spüren ist, darf man es ruhig an die Seite stellen.«
Hermann Kretzschmar: Führer durch den Konzertsaal. Die Kammermusik, Bd. 3: Deutsche Romantik, Leipzig 1933, S. 121f.:
»Durch sein E-Dur-Quartett Opus 6 sichert sich Götz einen eigenen Platz in der Kammermusik des 19. Jahrhunderts. Wer über Brahms hinaus den Ausdruck der Zeit in einer echten und starken Formung sucht, kann nach diesem Werke greifen. Es steht in der Erfindung und Gestaltung auch heute noch fest. Der Hauptsatz setzt »rasch und feurig« aus drängender Bewegung heraus ein. Die flüchtigen, beinahe atemlosen Motive des ersten Gedankens, die sich erst im vierten Takte zu melodischen Umrissen verdichten, sind von großer Vitalität: [Notenbeispiel] Die vorwärtsdrängenden Kräfte gelangen zu schöner Steigerung. Der Anlauf reicht, um ohne Stockung in die sich nun zum ersten Male entfaltende Linie des Gegenthemas hinüberzuschwingen. Fortschreitende rhythmische Festigung gipfelt in einer triumphalen Koda. Die Plastik dieser drei Gegenkräfte trägt den durchweg gespannten Formverlauf des Satzes. Es folgen Variationen über ein ruhig fließendes, im Ausdruck nach innen gewendetes Thema, dessen Melodik sich erst ganz allmählich erschließt. Die Kunst der Verwandlungen bleibt durchweg stark und liegt schon eindeutig in der Richtung des spätromantischen, rein musikalischen Variationenprinzips. Scherzo und Trio sind knapp und klar gebaut; die feine kanonische Stimmführung der Streicher im Trio bindet die Einheit der Gesamtform. Die Subjektivität der gestaltenden Phantasie bestätigt die dunkle Einleitung zum Finale. Wie in der Koda des Hauptsatzes dringen aber auch hier befreiende klangliche Kräfte durch und behaupten sich im Verlauf des Satzes immer mehr.«
Wilhelm Altmann: Handbuch für Klavierquartettspieler. Wegweiser durch die Klavierquartette, Wolfenbüttel 1937, S. 64f.:
»Hermann Goetz (1840–1876) hat der musikalischen Welt 1870 sein wertvolles, bereits im Herbst 1867 komponiertes Klavierquartett op. 6 geschenkt, das auch jetzt noch im Konzertsaal sich durchaus behaupten wird. Eduard Kreuzhage, dem wir das sehr gründliche Buch »Hermann Goetz, sein Leben und seine Werke« (1916) verdanken, rühmt mit Recht den Melodienreichtum, die Erfindungskraft und die reflektionslose Frische, die vortreffliche Satztechnik und den daraus resultierenden Wohlklang dieses Quartetts. Er sagt dann noch: »Was ihm besonders in unserer Zeit Wert verleiht, ist das durchaus Ungekünstelte und Ungesuchte in Erfindung und Aufbau; die Themenbildung geschieht auf fast rein diatonischer Grundlage, die Modulation ist durchweg gering und auf den ersten Blick übersehbar; fast zu häufig sogar finden sich der Dominant- und der verminderte Septimenakkord, aber alles ist aus einem Guß. Man hat beim Hören die Empfindung, nur so und nicht anders kann es sich entwickeln.« Über einer wogenden, die ersten zwei Takte bereits für sich in Anspruch nehmenden Begleitungsfigur setzt sich das schwungvolle, rhythmisch eigenartige Hauptthema (126) des ersten Satzes (Rasch und feurig 2/2, E) ein; daran schließen sich noch zwei nicht minder schwung- und wertvolle Gedanken (127). Der zweite Satz bringt ein sehr einfaches, von Wehmut erfülltes, beinhae klagendes Thema (Langam [sic] 3/4, e), das zunächst den Streichern allein überlassen ist (128), vier ausgezeichnete Veränderungen, von denen besonders die zweite (E) und die dritte (Lebhaft, e; beinahe Scherzocharakter) hervorgehoben seien. Die Bevorzugung der Mittelstimmen in der Melodieführung vermittelt eine oft eigenartige Klangwirkung. »Ganz überraschend (bemerkt Kreuzhage) ist die Überleitung zum Scherzo, wenn dessen Thema nach einer Fermate auf dem H-dur-Akkord plötzlich in Es-dur pianissimo in das E-moll des langsamen Satzes hineinklingt, dann die ersten beiden Takte des ruhigen Variationenthemas noch einmal in Es-moll erscheinen, und nach drei weiteren, mit einer zweiten Fermate endenden Überleitungstakten in das Scherzo (Sehr lebhaft ¾) in E-dur frisch und fröhlich lossprudelt. Von besonderem Interesse ist das Trio, das als dreistimmiger Kanon in engster Verschränkung durchgeführt ist, von einer leise wogenden, zwischen Klavier und Streichern wechselnden Begleitung umspielt.« Dieses Trio (die Achtel wie vorher die Viertel, C) bringt einen prächtigen Gegensatz zu dem feurigen, verhältnismäßig kurzen Scherzo, das in einer herrlichen Coda sehr wirkungsvoll ausklingt. Tief ergreifend ist die überwiegend düstere, beinahe als Trauermarsch zu deutende Einleitung (Frisch und lebendig 2/2, E), in dem sich das Gesangsthema (129) dem Ohre noch ganz besonders einschmeichelt.«


Selbst hier findet das Quartett noch Aufnahme
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