Brahms gewidmet | Projektbericht
Kammermusik – Lexikonartikel
Gustav Schilling (Hg.):
Encyclopädie der gesammten musikalischen Wissenschaften oder Universal=Lexicon der Tonkunst
Bd. 4, Stuttgart 1837, S. 38f. Artikel
Kammermusik. Durch die Verschiedenheit, in welcher man die Musik bei ihrer allmähligen Entwickelung und Verbreitung gebrauchte, gestaltete sich nach und nach auch, und ganz von selbst, ein verschiedener Styl derselben, dessen Gränzen sich indessen nirgends ganz genau bestimmen lassen. Von der Kirchenmusik, welche unstreitig die älteste Gattung von Musik ist, sonderte sich nach und nach die Theatermusik ab, so wie mit Erweiterung der Kunst auch nach und nach das allgemeine Verlangen rege wurde, nicht blos religiöse, welche jene bezweckt, sondern auch moralische Empfindungen, die diese zu erregen vornehmlich zum Zwecke hat, durch sie ausgedrückt und in den Menschen rege gemacht zu wissen. Beide Gattungen von Musik aber, die Kirchen- und die Theatermusik, waren von jeher, wie auch noch jetzt, vorzugsweise nur zu öffentlichem Gebrauche bestimmt, und lassen in mancher Beziehung auch gar keine andere Anwendung zu. Der Privatgebrauch der Musik mußte daher nothwendig noch eine dritte Gattung erzeugen: die Kammermusik die gewissermaßen einen Vereinigungs- oder Vermittelungspunkt zwischen der Kirchen- und Theatermusik bildet, von beiden sich Etwas aneignend, das wiederum ein besonderes characteristisches Ganze gestaltet. Doch darüber das Nöthige unter dem Artikel Styl, wo alle jene 3 Arten von Musik hinsichtlich ihres inneren und äußeren Charakters vergleichend und unterschieden einander gegenüber gestellt werden. Der Name Kammermusik kommt daher, weil vordem nur große Herren an ihren Höfen sich so privatim mit Musik unterhalten zu lassen pflegten, und nur den ihnen zunächst Stehenden den Zutritt dazu gestatteten. Diejenigen, welche die Musik ausführten, hießen daher auch Kammermusiker, Kammersänger, Kammervirtuosen ec., wie noch jetzt die vorzüglicheren Mitglieder Fürstl. Capellen als zu besonderer Auszeichnung ihres Talents. Heutzutage jedoch, wo in den gebildeten Ländern der Erde die Musik unter allen Ständen verbreitet ist, möchte der Name nicht mehr recht passend erscheinen, und man könnte, wenn man unter Kammermusik im weiteren Sinne die weder theatralische noch kirchliche M. versteht, zwischen Concertmusik, welche auch in größeren Raume wie jene und ebenfalls öffentlich ausgeführt wird, im Gegensatze zu Kammermusik im engeren Sinne, welche dann diejenigen Tonstücke begreift, die für Zimmer u. Privatzirkel sich eignen u. keines vollen Orchesters, sondern nur einiger Stimmen oder Instrumente bedürfen, z.B. Streichquartette u. dergl., u. endlich zwischen Volksmusik, welche dann auch Tänze und Volkslieder in sich begreifen würde, einen Unterschied machen. Nehmen wir aber das Wort in seiner gewöhnlichen Bedeutung und in seinem allgemeineren Gebrauche, die Kammermusik in ihrer von Alters her üblich gewordenen Erscheinung, so haben wir hier im Allgemeinen nur noch darüber zu bemerken, daß sie zunächst mit der theatralischen zwar den weltlichen Gebrauch stets gemein hatte, aber dieser Gebrauch früher niemals ein öffentlicher wurde, und daß sie sonach nicht für ein großes Publikum, sondern eigentlich nur für Kenner und Liebhaber bestimmt war. Und hierauf beruht denn auch im Grunde nur die Eigenthümlichkeit des Kammerstyls. Die Musik, welche nur für einen kleineren Raum, und nur für Kenner und Liebhaber zunächst berechnet war, wurde seiner ausgebildet, schwieriger, auch künstlicher, weil im kleineren Raume Manches sich mit Vergnügen hören und unterscheiden läßt, was im größeren Raume wirkungslos verschwindet, und weil Componisten, die für die Kammer schreiben, mehr Fertigkeit und Uebung im Hören bei ihren Zuhörern voraussetzen durften. Freilich ist dieser Unterschied zwischen Kammer- und Theatermusik jetzt fast ganz verschwunden. Doch rechnet man auch jetzt noch zur Kammermusik vornehmlich nur Sinfonien, Concert-Ouverturen, Instrumental-Concerte, Concert-Arien (das wären die Tonstücke unserer oben vorgeschlagenen Concertmusik als Kammermusik im weiteren Sinne des Worts), Sonaten, Duo's, Trio's, Quartette ec. für Gesang und Instrumente, Variationen, Notturno's, Serenaden, Harmonien (Harmoniemusiken) ec. (als Cammermusik im engeren Sinne). Das Eine, was die neuere Kammermusik von der älteren beibehalten und augenscheinlich noch weiter ausgebildet hat, ist die größere und sorgfältigere Ausarbeitung in Hinsicht auf mechanische Fertigkeit. Diese, aber auch nur diese ist der Glanz der heutigen Kammermusik; im Uebrigen, wahrlich! will sie sich, einzelne Ausnahmen übergangen, wenig mehr unterscheiden von der Theatermusik oder diese von jener. Man sehe den oben angezogenen Artikel und Instrumentalmusik.
Auguste Gathy (Hg.):
Musikalisches Conversations-Lexikon,
Hamburg 1840, S. 246
Kammermusik, die zur Privatunterhaltung der Fürsten bestimmte Musik, zu deren Ausführung ohne besondere Erlaubniß niemand Zutritt hat. Der Umstand, daß sie, worauf schon ihr Name hindeutet, meistentheils in den Wohnzimmern hoher Herrschaften und mit schwacher Besetzung veranstaltet wurde, veranlaßte die Wahl von Tonstücken, worin der Satz mehr zergliedert, die Melodie feiner nuancirt, die Ausarbeitung sorgfältiger war, als in den für die Kirche oder für’s Theater bestimmten Kunstproducten, und die überhaupt auch in einem höhern Grade als diese auf Kunstfertigkeit und geschmackvollen Vortrag berechnet sein mußten.
1865 dann graduelle Wandlung:
Julius Schuberth:
Kleines musikalisches Conversations-Lexikon,
6. verb. u. stark verm. Aufl., Leipzig & New York 1865, S. 157
Kammermusik, hierunter versteht man a., die zur Privatunterhaltung der Fürsten bestimmte Musik, zu der Niemand ungeladen Zutritt hat; b., Compositionen klassischen Genres für eine kleine Anzahl von Instrumenten, als Trios, Quartette, Quintette etc. zur Aufführung in Privatzirkeln.
Arrey v. Dommer:
Musikalisches Lexicon.
Auf Grundlage des Lexicon’s von H. Ch. Koch,
Heidelberg 1865, S. 467f.
Kammermusik. Gegenwärtig eine weltliche Instrumentalmusik für ein oder mehrere Soloinstrumente. Dem ursprünglichen Wortsinne nach eine an Höfen und in Palästen der Grossen, und zwar in Sälen und Zimmern veranstaltete Privatmusik, zu welcher ohne besondere Erlaubniss niemand Zutritt hatte. Im ferneren auch die grösseren Hofconcerte, die zwar eigentlich ebenfalls nur für den Hof bestimmt sind, woran aber auch andere Personen, doch im Concertsaale vom Hofe getrennt, theilnehmen können. Häufig waren solche Musiken nur mit Soloinstrumenten, jede Stimme nur durch ein einzelnes Instrument besetzt; bei der grossen Anzahl kleiner Capellen und Musikcollegien der Fürsten, Grossen und reichen Städte war das Solomusiciren vordem beiweitem mehr an der Tagesordnung als heute.
Mattheson sagt (Patriot, 64), man könne mit acht Personen schon eine stattliche Harmonie zuwege bringen, nämlich mit vier Vocalisten, zween Violinisten, einem Organisten und einem Directori; kann der Director eine Stimme selbst singen oder spielen, so reichen auch schon sieben Personen hin. So viele Stimmen der Componist gesetzt hatte, so vieler Ausführenden bedurfte man. In diesen älteren Kammermusiken wurden, wie heute ebenfalls, nur weltliche Tonwerke aufgeführt, weshalb denn auch der Kammerstil, von seiner ersten Entstehung (gegen 1600) an, vom Kirchenstile ebenwie vom theatralischen Stile unterschieden wurde. Gegenwärtig pflegt man in Kammermusikaufführungen nur Instrumentalstücke vorzutragen, früher auch Vocalsachen, als Madrigale, Cantate da camera, Duetti da camera, Singconcerte, überhaupt alles was nicht in die Kirche gehörte und auch nicht an eine Handlung, mithin nicht an die Bühne gebunden war. Ausserdem ziehen wir heutzutage den Kreis der Kammermusik noch enger, indem wir dazu nur Solostücke für ein oder mehrere Soloinstrumente rechnen, als: Solosonate und ihre mehrstimmigen Gattungen, Duo, Trio, Quatuor, Quintuor etc. für verschiedene Instrumente; ferner alle anderen Arten Solostücke für Clavier, ein Streich- oder Blasinstrument, als: Claviersuite, Präludium, Toccate, die Fantasien; die älteren und neueren tanzartigen Stücke; Variationen, Concertetude, Clavierstück, Lied ohne Worte sammt was sonst zum Solospiele gehört. Die Symphonie, das grosse Concert, die Ouvertüre, überhaupt alle Werke für vollbesetztes Orchester sind mithin davon ausgeschlossen. In älterer Zeit hingegen gehörten neben den Solostücken auch die vollbesetzten Orchesterwerke in die Kammer, als: Orchestersuite, Symphonie, Ouvertüre, die (anfangs zwar nur für Soloinstrumente, später aber auch für Orchester gesetzte) Cassation und Serenade, das Concerto da camera (unser heutiges Concert), Concerto grosso etc.[1] Man unterschied, im wesentlichen wie auch wir, drei Hauptgattungen der Musik, Kirchen-, dramatische und Kammermusik, nur dass wir heute noch einen Unterschied zwischen Kammer- und Concertmusik machen. Es ist sehr erklärlich, dass das oben erwähnte Solomusiciren, welches in den Capellen früherer Zeit so allgemein war und in unserer heutigen Kammermusik ausschliesslich herrscht, sowie auch die Bestimmung der letzteren für einen engeren Zuhörerkreis im kleineren Raume des Saales im Verhältnis zum Theater, einen eigenen Musikstil hervorrufen musste. Vom kirchlichen ist der Kammerstil von vorneherein als weltlicher verschieden; vom dramatischen, der seinem Wesen nach die Leidenschaften mit grossen kräftigen Strichen zeichnet und überdies dem grösseren Publicum gegenüber eine gewisse Einfachheit und leichtere Anschaulichkeit der Darstellung sich bewahren muss, unterscheidet er sich durch eine beiweitem mehr ins Einzelne gehende kunstvolle Ausgestaltung und Durchführung der Gedanken; denn in der Kammermusik (wie auch in der Orchestermusik) concentrirt sich die Aufmerksamkeit durchaus auf das Tonwerk selbst und seinen Kunstgehalt, wird weder durch äussere Darstellung, wie in der dramatischen, noch durch kirchliche Handlungen und religiöse Betrachtungen und Gefühle, wie in der Kirchenmusik, mit in Anspruch genommen. Ebenso deutliche Unterschiede sind zwischen Concert- und Kammermusik bemerkbar; jene stellt ihren Inhalt mittels vieler Klangorgane von verschiedenen Gattungen, grosser Schallmassen und dynamischer Wirkungen, vielfacher Farbschattirungen etc. dar; die Kammermusik besitzt diese reichen Mittel nicht, muss also durch Aufbietung kunstvollster Ausgestaltung zu ersetzen suchen, was ihr von vorneherein an Klangmannigfaltigkeit, Schallkraft u. dergleichen abgeht. Da ihre Stimmen sämmtlich Hauptstimmen und nur durch Soloinstrumente besetzt sind, werden, mit der freieren Durchführung einer jeden derselben, ausserdem auch zugleich grössere Ansprüche an die Technik erhoben. Die Orchestermusik malt mit reichen Farben aus dem Vollen und Ganzen; die Kammermusik giebt gleichsam eine feine Federzeichnung oder Radirung, aber in der Contour ebenso fest als frei, reich und leicht bewegt, bis in die kleinsten Züge hinein so sorgsam als geistvoll durchbildet, den Wechsel der Farbentöne zugleich durch Schattirungen und Nüancirungen der Klangstärke, Fülle, Stricharten und mancherlei colorirende Bewegungen, in etwa ähnlicher Weise andeutend, wie der Kupferstich die Färbung des Gemäldes durch die verschiedenen Licht- und Schattentöne seiner Strichlagen und Schraffirungen. – Dass die fantasieartigen einstimmigen Solosätze der Subjectivität beiweitem mehr Spielraum gewähren als mehrstimmige Solosätze und Orchesterstücke, ist unter Sonate I 5, Instrumentalmusik C, Fantasie,Solo etc. bemerkt. Ueber den innern Verhalt der Sätze mehrsätziger Kammerstücke vergl. Cyclische Formen. – Den Schwierigkeitn der Behandlung des mehrstimmigen Kammerstiles ist nur ein durchaus tüchtiger Componist, der alle Mittel des kunstvollen Tonsatzes völlig in der Hand hat, gewachsen; schon Mattheson, zu dessen Zeit der Kammerstil übrigens beiweitem noch nicht die Höhe späterer Ausbildung erreicht hatte, bemerkt (Beschütztes Orch. 142), „dass er extraordinaire Meriten haben müsse, wenn einen nicht das Oscitiren (Gähnen) dabei ankommen solle“. Die Uebungen in der Instrumental-Composition pflegen gewöhnlich mit dem mehrstimmigen Solosatze, und zwar insbesondere mit dem Streichquartett zu beginnen, als der Grundlage sowohl aller Kammer- als Orchestermusik. Wer ein tüchtiges Quatuor zu schreiben vermag, wird die Schwierigkeiten des Orchestersatzes sehr leicht überwinden.
1 Mattheson, Beschütztes Orchester, 1717, S. 131ff. erklärt 5 Stilarten als dem Kammerstil untergeordnet, nämlich den Symphoniacus, Canonicus, Choraicus, Madrigalescus und Melismaticus Stilus. „Zum Symphoniacus, welcher einer der vornehmsten in camera, gehören die Allemanden etc. für Clavier, Laute, Viol‘ da Gamba, Violine etc., die Couranten, Gavotten, Sarabanden, Giquen etc., mit einem Worte alle Suiten, sie seien stark oder schwach (besetzt). Sind sie schwach und bestehen in Soli’s, so gehören sie ad Stylum Phantasticum, dahin auch alles, was extempore gespielt wird, zu rechnen; alsdann bekommt der Phantasticus auch auf der Orgel zu thun. Obige Tanzarten sind im Kammerstil künstlich elaboriret, sie haben nur etwa das Tempo der gleichnamigen Tänze, sind aber saltatione multo nobiliores. Eine Alemand zum Tanzen und eine zum Spielen sind wie Himmel und Erde verschieden, et sic de ceteris, die Sarabanden in etwas ausgenommen. Der Stylus Madrigalescus hat in Kammern und Sälen bei Serenaden, Aubaden, Cantaten u. dergl. seine Statt. Der Choraicus Stylus muss bei Ballen und Masqueraden dermassen, insbesonderheit im Carneval, herhalten, dass es einem drei Tage in die Ohren nachklinget“ etc.
Hermann Mendel:
Musikalisches Conversations-Lexikon,
Bd. 5, Berlin 1875, S. 525f.
Kammermusik (ital.: Musica da camera; französ.: Musique de chambre). Durch den verschiedenen Gebrauch, den man bei Verbreitung und Verallgemeinerung der Musik in der neueren Zeit davon machte, entwickelte sich auch ganz von selbst eine Verschiedenheit des Styls, welche aber nicht als eine strenge Grenzscheidung angesehen werden darf. Von der Kirchenmusik, als der ältesten und bereits zu einem gewissen Höhepunkte gelangten Gattung, sonderte sich allmälig zuerst der Theaterstyl ab, wie denn mit Erweiterung der Kunst nach allen Seiten hin auch nach und nach das lebhafte Verlangen sich einstellte, nicht ausschliesslich religiöse, wie sie jene sich zur Aufgabe gestellt hat, sondern auch bloss moralische Empfindungen, welche diese zu erregen vorzugsweise bestimmt zu sein scheint, durch sie ausgedrückt und in den Menschen lebendig gemacht zu wissen. Beide Musikgattungen indessen, die Kirchenmusik nicht weniger wie die Theatermusik, wendeten sich von jeher, wie auch noch heutzutage und in alle Zukunft hinaus, an die grösstmögliche Oeffentlichkeit und lassen in mehr als einer Beziehung auch gar keine andere Anwendung zu. Der Privatgebrauch der Musik musste daher nothgedrungen noch eine dritte Gattung ins Leben rufen: die Kammermusik, so genannt, weil ehedem nur die Fürsten und Grossen an ihren Höfen und in ihren Hofgemächern (Kammern) durch ihre Kammercomponisten, Kammermusiker und Kammersänger sich mit Musik unterhalten liessen (s. Kammer). Der Kammermstyl bildete gewissermaassen einen Vereinigungs- oder Vermittelungspunkt zwischen dem Kirchen- und Theaterstyl, von beiden sich etwas aneignend, das wiederum ein besonders charakteristisches Ganzes gestaltet. Gegenwärtig bei allgemeinster Verbreitung der Musik will der Name K. allerdings durchaus nicht mehr passen und wird nur noch von der Pietät vor dem Altherkömmlichen conservirt; viel richtiger liesse sich, wenn man unter K. im weiteren Sinne die weder kirchliche noch theatralische Musik versteht, unterscheiden: Concertmusik, die auch im grösseren Raume und öffentlich ausgeführt wird, Kammermusik, für Zimmer und Privatcirkel, ohne volles Orchester, sondern nur für einige Stimmen oder Instrumente, und endlich Volksmusik, welche auch die Tänze und Volkslieder in sich schliessen würde. Die Eigenthümlichkeit des Kammerstyls beruht darauf, dass er, nicht für das grosse Publikum, sondern für Liebhaber und Kenner gleichermaassen bestimmt und auf einen kleinen Raum berechnet, feiner ausgebildet, schwieriger, auch künstlicher sich darstellt, weil im kleineren Raume Manches sich genauer hören und unterscheiden lässt, was im größeren Raume verschwindet, und weil die Componisten bei ihren Zuhörern mehr Fertigkeit und Uebung im Hören voraussetzen durften. Ein K.stück soll daher ein Kunstprodukt im höchsten Sinne des Wortes sein; der Satz muss mehr zergliedert, die Melodie feiner nüanciert, die Ausarbeitung sorgfältiger erscheinen, als in den Werken der anderen Gattungen. Der Kammerstyl erfordert die grösste Correctheit und Eleganz und die tiefste Kenntniss des reinen Satzes, weil bei dieser Gattung der Musik, die vorzugsweise vor Kennern und bei schwacher Besetzung vorgetragen wird, Härten und Satzfehler leicht bemerkt werden. Die grossen Meister der Musik, auf welchen Gebieten ihrer Kunst sie auch immer vorzugsweise thätig waren, haben sich zu eigener Genugthuung immer bemüht, auch der keuschen Muse der K. ihre Huldigung durch fein gestaltete Werke dieser Art darzubringen; auffallende Ausnahmen bilden nur Gluck, Meyerbeer und Rich. Wagner, die ihre Thätigkeit ausschliesslich dem dramatischen Musikstyle zuwendeten. Im weiteren Sinne gehören zu dem Kammerstyle: Sinfonien und Concertouverturen, Instrumentalconcerte, Concertarien (Concertmusik); ferner Sonaten, sowie Duos, Trios (Terzette), Quartette u. s. w. bis hinauf zum Octett und Nonett für Instrumente und Stimmen, endlich Solos, Variationen, Nocturnes, Serenaden für Streich- oder für Blasinstrumente (K. im engeren Sinne). – Das zur speciellen Geschichte der K. Gehörige lese man in dem Artikel Instrumentalmusik nach.