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Briefe

von und an Johannes Brahms

zu den Digitalisaten

Johannes Brahms kann als typischer Vertreter der bürgerlichen Briefkultur im 19. Jahrhundert gelten, das gern als ›Zeitalter des Briefes‹ bezeichnet wird. Knapp 11.000 Schreiben von und an ihn sind im Brahms-Briefwechsel-Verzeichnis (BBV) dokumentiert und liegen weltweit verstreut in Archiven, Bibliotheken und Privatbesitz. Inzwischen zählt das Brahms-Institut etwa 240 Brieforiginale von und an den Komponisten zu seinem Handschriftenbestand. 200 davon hat Brahms selbst verfasst und 40 sind an ihn als Empfänger gerichtet. Die Zahl der Schreiber und Adressaten umfasst ca. 90 Korrespondenzpartner.

Der Lübecker Briefbestand ist für Brahms’ Leben durchaus repräsentativ. Er deckt einen Zeitraum ab, der von der Rheinreise des gerade 20-Jährigen im September 1853 (Brief an Arnold Wehner) bis in die letzten Tage vor seinem Tod im April 1897 reicht. Zu Brahms’ Korrespondenzpartnern zählen herausragende Persönlichkeiten des kulturellen und wissenschaftlichen Lebens seiner Zeit, wie etwa Robert und Clara Schumann, Joseph Joachim, Hans von Bülow, Max Klinger, Philipp Spitta und Theodor Billroth. Vielfältig sind die ›Trägermaterialen‹ des geschriebenen Wortes. Sie entsprechen der Entwicklung des Mediums ›Brief‹, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Korrespondenzkarte, Kartenbrief und Telegramm ergänzt wurde.

Während die Post im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts enorm expandierte, galt Brahms schon zu Lebzeiten als »Schreibefaulpelz« (Robert Schumann). Der Komponist selbst hat mit dieser vermeintlichen Distanz zum Briefschreiben zeitlebens immer wieder kokettiert, ja man könnte fast von einem Topos des Briefschreibers Brahms sprechen. Schon der 21-Jährige meinte gegenüber Clara Schumann: »Entschuldigen Sie die schändliche Schrift, doch kann ich meine Hand gar nicht regieren beim Buchstabenschreiben, Noten male ich besser«. Anders etwa als Felix Mendelssohn Bartholdy, der gewandt, ja glänzend zu schreiben verstand, gilt Brahms nicht als großer Briefschreiber. Dieses Bild ist jedoch zu revidieren, angesichts der Tatsache, dass Brahms derjenige war, der »der Ironie, Doppeldeutigkeit, Verkleidung und Rollenspiel am virtuosesten beherrschte« (Ludwig Finscher).

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